Fakten zur gegenwärtigen Lage

Warum die evangelische Gesamtkirchengemeinde Gebäude verkauft, welche sie behält und wie sich die kirchliche Arbeit in der Zukunft gestalten soll

Noch 2018 gab es in Sindelfingen noch 14.117 evangelische Kirchenmitglieder. Im Jahr 2022 waren es noch 8061 mit weiterhin sinkender Tendenz. Das entspricht dem bundesweiten Trend. Spätestens ab 2030 werden es in Sindelfingen, bei einer weiteren Schrumpfung von 4,7 % bis 5,5 %, noch etwa 5.500 Gemeindeglieder sein. Dafür wird es dann 3 bis 3,5 Pfarrstellen geben.

Oft wird gefragt, warum (so viele) Menschen aus der Kirche austreten. Hierzu einige Beobachtungen:

  • Finanzielle Gründe – besonders bei Berufseinsteigern und besser Verdienenden
  • Relevanzverlust: „Ich bin damit nicht aufgewachsen“ „Ich kann auch ohne Kirche an Gott glauben“
  • Plausibilitätsverlust: „Ich glaube nicht an Gott“, „Gott bringt nichts, weder gegen Corona noch hinsichtlich des Kriegs“, „Kirche macht nicht das, was ich von ihr erwarte“; „Kirche ist zu harmlos“, „Kirche kümmert sich nicht (um mich)“
  • Kirche ist unglaubwürdig (mit Verweis auf Missbrauch in der katholischen Kirche).
  • Kirche ist mir zu starr, eine bürokratische Institution,
  • In der Freikirche wird intensiver geglaubt und die Gemeinschaft gepflegt,
  • Austreten liegt im Trend.

In den Wachstumsjahren der 1970er- und 80er-Jahre hat die Evangelische Kirche in Sindelfingen viel gebaut: Das ökumenische Gemeindezentrum im Hinterweil, mit der Nikodemus Kirche, die Rall-Kirchen: Christuskirche mit Gemeindehaus/Saal, die Johanneskirche mit Gemeindehaus, die Versöhnungskirche mit Gemeindehaus auf dem Goldberg und das Markuszentrum.

Anlässlich knapper werdender Finanzen, hoher Instandhaltungskosten und schwindender Mitgliederzahlen hat die Gesamtkirchengemeinde in den vergangenen Jahren eine Evaluation durchgeführt und sich von der Evang. Landeskirche beraten lassen. Die Bestands- und finanzielle Aufwandserhebung, verbunden mit der Effektivität der Raumnutzung hat ergeben, dass kein Weg daran vorbeiführt, dass 50 % der Gebäude abgestoßen werden müss(t)en.

Für die hohe Anzahl von Gebäuden und Räumen besteht angesichts der drastisch geschrumpften Mitgliederzahl, einer gewachsenen multireligiös und säkularer gewordenen Gesellschaft kein Bedarf mehr. Außerdem könnten die notwendigen Instandhaltungskosten in Millionenhöhe angesichts der fehlenden Rücklagen nicht mehr aufgebracht werden. Die gestiegenen Energiekosten haben die finanzielle Lage noch angespannter werden lassen.

Nun kann in der evangelischen Kirche mit der in der Kirchenverfassung festgelegten Selbstständigkeit der Gemeinden nicht top down entschieden werden (anders als etwa in der badischen Landeskirche oder in der katholischen Kirche), sondern die Gemeinden müssen selbst entscheiden, wie sie verfahren.

In Sindelfingen ist die Gesamtkirchengemeinde – nicht die einzelnen Teilgemeinden – verantwortlich für die Gesamtheit der Immobilien und der Mitarbeitenden, also auch für den Umgang damit, die Pflege, die Instandsetzung und für einen Verkauf.

Die einzelnen Gemeinden waren nun aber beauftragt, ihren jeweiligen Beitrag zu leisten und zu befinden, welches Gebäude sie dem entscheidenden Gremium (dem sogenannten verkleinerten Gesamtkirchengemeinderat) zur Abgabe vorschlagen wollen. Das ist geschehen.

Diese Entscheidungen fielen ebenfalls gemäß des bottom-up Verfahrens, d.h. von der Basis zu den Leitungsgremien. Im Falle des Nikodemus Zentrums und der Versöhnungskirche waren und sind das schmerzliche, noch nicht beendete Trauerprozesse. Langjährige Ehrenamtliche sind persönlich und (familien-)biografisch mit den Gebäuden verbunden. Sie haben dafür gesammelt und haben dort gebetet und gefeiert.

Folgende Gebäude werden aufgegeben und verkauft:

  • der evangelische Bereich des Nikodemuszentrums
  • der Gemeindesaal/haus bei der Christuskirche
  • das Gemeindehaus neben der Johanneskirche
  • die Versöhnungskirche mit den angegliederten Wohnungen

Die zu verkaufenden Gebäude/Grundstücke wurden der Stadt Sindelfingen vorgelegt.

Sie werden nicht an nicht-christliche Käufer/Interessenten veräußert. Kirchliche Interessenten müssen Mitglied der ACK sein. Eine diakonisch, soziale, gemeinwohldienende oder kulturell-bildungsorientiert Nutzung hat außerdem eine hohe Priorität.

Es bleiben erhalten:

  • die Johanneskirche
  • die Christuskirche mit der Begegnungsstätte unter der Kirche
  • das Gemeindehaus der Versöhnungskirche
  • das Markuszentrum (solange keine überraschenden extremen Sanierungskosten anfallen)
  • der Stiftshof
  • die Martinskirche

Wo findet weiter was statt:

  • Jungschar, Kinderferienwoche, Freizeiten: mehrheitlich im Gebäude des CVJM
  • Waldheimarbeit: im Sommer im Eichholzer Täle
  • Senioren Cafés und Seniorenarbeit findet in den vorhandenen Räumen oder in den Räumen der Quartiersarbeit statt
  • Veranstaltungen für Erwachsene finden in den bestehenden Räumen und in den Kirchen statt
  • Gottesdienste: In den Kirchen oder Gemeinderäumen

Was wird neu und anders werden

Die Gesamtkirchengemeinde wird an ihren Standorten zielgruppenspezifische Schwerpunkte setzen und in der Fläche, im Stadtgebiet, eigene Akzente in der Quartiersarbeit (vor Ort, wo die Menschen leben) setzen und entsprechend Räume nutzen:

  • Christuskirche: Generationsübergreifend Kirche mit Kindern
  • Johanneskirche: Jugendkirche
  • Martinskirche/Stiftshof: gesellschaftsbezogene Bildung, Musik, soziales Engagement (soziale Inklusion)
  • Goldberg: Initiative Schöpfungsgarten, Senioren, Quartierbezogenes Engagement
  • Quartier Viehweide: Interreligiös, Seniorentreff
  • Täle: Begleitung Kinder/Mitarbeitende

 

„Denn siehe, ich will Neues schaffen, jetzt wächst es auf“

Jesaja 43,18